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Bildertüren aus der Romanik: Architektonische Highlights

von Marc Hettenberger
romanische bildertür

Die romanische Architektur ist in ganz Europa verbreitet und beginnt um etwa 1000, mit einer Blütezeit im 12. Jahrhundert. Damit liegt diese mittelalterliche Kunstform zwischen der Vorromantik und der Gotik. Rundbögen und Rundbogenfenster sowie massive Mauern mit kleinen Fenstern sind charakteristisch für diese Phase der Baukunst. Der Baustil wurde hauptsächlich auf sakrale Bauwerke angewandt und gilt als erste europäische Kunstepoche.

Die Grundrisse romanische Kirchen folgen einfachen geometrischen Formen und haben die Grundform der Basilika weiterentwickelt. Sie weisen einen Langbau mit Querhaus beziehungsweise einen kreuzförmigen Grundriss auf. Als Gewölbeform hat sich in Frankreich typischerweise das Tonnengewölbe und in Deutschland vorrangig das Kreuzgratgewölbe durchgesetzt. In der Frühphase finden sich auch noch offene Dachstühle oder einfache Holzdecken. Kapitelle bleiben durchwegs blockhaft kompakt, auch wenn sie figürlich ausgestaltet sind.

Romanik: Bildertüren als Highlight in Kirchen

Neben den einheitlichen Grundformen haben sich in den einzelnen europäischen Ländern unterschiedliche Regionalstile herausgebildet, die entweder römische, germanische oder byzantinische Einflüsse aufweisen. Vereinzelt finden sich bereits mit Glasmalerei geschmückte Kirchenfenster und Fensterrosen, allerdings in deutlich schlichtere Ausführung als in der nachfolgenden Gotik. Generell präsentiert sich die Romantik in ihrer Frühphase eher schmucklos und festungshaft, später kamen dann verstärkt Verzierungen und Gliederungen hinzu. Berühmte romanische Bauwerke in Deutschland sind beispielsweise die Domkirchen St. Stephan zu Speyer oder St. Maria im Kapitol sowie der Dom St. Martin zu Mainz.

Köln ist für diese Epoche besonders interessant, hier finden sich zwölf romanische Basiliken. Beeinflusst von St. Maria im Kapitol sind diese durch den sogenannten Trikonchos charakterisiert, der dadurch gekennzeichnet ist, dass neben dem Chor auch die Seitenschiffarme Apsiden aufweisen. Romanische Kirchen sollten den Gläubigen als geschützter Andachtsraum dienen, die Wehrhaftigkeit ist von zentraler Bedeutung, da es erbitterte Widerstände gegen die Christianisierung der Bevölkerung gab.

St. Maria im Kapitol in Köln

Dieser frühromanische Kirchenbau (Baubeginn um 1040) ist die größte romanische Kirche der Stadt und war nach dem Dom die Hauptkirche. Der Namenszusatz im Kapitol weist darauf hin, dass sich an dieser Stelle zuvor eine römische Tempelanlage für Jupiter, Juno und Minerva befand. Bemerkenswert ist der Drei-Konchen-Chor (Trikonchos), bei dem drei gleichgroße, halbrunde Apsiden so an die Seiten eines Quadrates gesetzt werden, dass der Grundriss die Form eines Kleeblattes ergibt und somit der Geburtskirche in Bethlehem folgt.

Neben der ebenfalls bemerkenswerten Krypta, die beinahe die Ausmaße der des Speyer Doms aufweist, befindet sich in St. Maria im Kapitol eine der bedeutendsten, komplett erhaltenen Holztüren der Kunstgeschichte.

Die Romanische Bildertür

Diese 485 cm x 248 cm messende zweiflügelige Holztür aus der Mitte des 11. Jahrhunderts ist auch heute noch einem hervorragenden Zustand und weist sogar noch Farbreste auf. Die Tür wurde um 1060, als der Bau vollendet wurde, angebracht und in den 1930er Jahren, zum Schutz vor Witterungseinflüssen, in den Innenraum gebracht. Die beiden Torflügel schmücken 26 Reliefs mit Bildern aus dem Leben Christi, einer der bedeutendsten, noch erhaltenen, Reliefzyklen. Den äußeren Rahmen bilden Leisten mit Rankenornamenten, Flechtbandmuster trennen die einzelnen Bildfelder. Während es mehrere mittelalterliche Bronzetüren dieser Art gibt, handelt es sich hier um die einzig erhaltene geschnitzte Holztür aus dieser Epoche.

Die beiden, ehemals das Nordportal zierenden, Türflügel bestehen aus drei Eichenholzbohlen, auf denen die aus Nuss geschnitzten Rahmen und Tafeln angebracht sind. Die Figuren auf den Relieftafeln sind sehr plastisch dargestellt, reichen teilweise über den Rahmen hinaus und weisen generell eine starke Körperlichkeit und Symmetrie auf. Der Künstler, der wahrscheinlich aus der Gegend um Köln stammte, wollte hier die biblische Geschichte in aller Genauigkeit erzählen. Dies war im Mittelalter besonders wichtig, da ein Großteil der Bevölkerung des Lesens nicht mächtig war und der Kunst neben ihrer dekorativen auch eine belehrende Rolle zukam.

romanik türen

Matteo Cozzi/shutterstock.com

Anhand der erhaltenen Farbreste kann man auch heute noch gut erkennen, dass die Tür in kräftigen Farben bemalt war. Die 22 Tafelbilder zeigen das Leben Christi, von der Verkündigung an Maria bis zur Erscheinung Christi vor den Jüngern zu Pfingsten. Vier weitere Tafeln stellen die drei Versuchungen Christi durch den Teufel sowie die Huldigung durch zwei Cherubim dar. Während der linke Türflügel sich mit der Geburt und Jugend Jesus beschäftigt, zeigt der rechte sein Wirken und Leiden, beginnend mit dem Einzug in Jerusalem.

Abweichungen in der Szenenfolge von der Vita Christi lassen sich dadurch erklären, dass sich gewisse Ereignisse besser im Hochformat, andere besser im Querformat darstellen lassen und folglich an chronologisch unrichtigen Stellen eingefügt wurden.

Romanische Elemente an der Holztür

Umstritten ist, ob ein Meister oder zwei Künstler aus derselben Werkstatt mit der Arbeit an der Holztür beschäftigt waren. Für Letzteres spricht, dass die beiden Türflügel Unterschiede in der Ausführung des Reliefs aufweisen. Unumstritten ist in jedem Fall, dass es sich bei diesem Objekt um eine handwerkliche Meisterleistung handelt. Zur damaligen Zeit war St. Maria im Kapitol Kölns größtes Kloster. Der Kaiser wurde zu besonderen Anlässen vor dieser romanischen Bildertür von der Äbtissin begrüßt. Generell was das repräsentative Portal des Haupteinganges im Mittelalter wahrscheinlich nur für hochrangige Besucher geöffnet.

Vorbilder und zeitgenössische Parallelen der Kölner Holztür

Die Fragmente der spätantiken Relief-Holztür von Sant‘ Ambrogio in Mailand (Ende des 4. Jahrhunderts) mit Szenen aus der Geschichte Davids sowie die spätantike Holztür mit alttestamentlichen Szenen von S. Sabina in Rom weisen Ähnlichkeiten mit der romanischen Holztür von St. Maria im Kapitol auf und können als Vorbilder angesehen werden. Die stärkste Ähnlichkeit zeigt sich mit der Bernwardstür des Hildesheimer Doms, mit alt- und neutestamentlichen Szenen. Zwar sind deren Türflügel aus Bronze gefertigt, Themenwelt und Aufbau lassen allerdings darauf schließen, dass dieses Werk der Kölner Tür als wichtigstes Vorbild diente.

Auch Elfenbeintafeln, wie beispielsweise auf dem Buchdeckel des Theophanu-Evangeliar im Essener Domschatz, weisen ähnliche Schnitzereien auf. Figuren- und Gewanddarstellung sowie ikonographische Details, Ornamente und Muster zeigen Parallelen zur zeitgenössischen Buchmalerei und Goldschmiedekunst.

Weitere Zentren der Romanik: Bildertüren & Co.

Neben dem Rheingebiet und Sachsen in Deutschland gelten vor allem die Normandie, Auvergne und Champagne sowie Burgund und die Île-de-France in Frankreich, die Lombardei und Toskana in Italien sowie der Norden Spaniens als wichtige Zentren romanischer Baukunst. Die Abtei Saint-Germain-des-Prés in Paris, die Basilika San Clemente al Laterano in Rom, der Dom zu Pisa oder Santa Maria de Taüll gehören zu den bedeutenden Kirchenbauten dieser Epoche. Aber auch in Nordeuropa finden sich Bauwerke, die zum größeren Teil romanisch sind, wie beispielsweise der Dom zu Lund.

Die Protorenaissance bezeichnet regionale Ausprägungen der italienischen Romanik, während man auf den britischen Inseln vom Norman Style spricht. Alle diese unterschiedlichen regionalen Strömungen folgen den romanischen Grundprinzipien. Natursteine und Marmor sind die typischen Baumaterialien dieser Epoche, vor allem im Norden kam nach und nach auch der Backstein dazu.

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